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OLG Hamm: Falsche Baujahresangabe bei Grundstückskauf – Rücktritt trotz Gewährleistungsausschluss?

Beitrag zum Thema Immobilienrecht · Christoph Wink · 28.07.2017

 OLG Hamm, Urteil vom 02.03.2017 (22 U 82/16).

 

Das OLG Hamm musste sich mit der Frage befassen, ob sich ein Käufer darauf berufen (und vom notariellen Grundstückskaufvertrag zurücktreten) kann, wenn ein erworbenes Gebäude 2 Jahre älter ist, als sich dies aus dem notariellen Kaufvertrag ergibt – und der Kaufvertrag zugleich einen Gewährleistungsausschluss beinhaltet.

Im entschiedenen Fall stellte sich heraus, dass das von den Käufern erworbene Wohngebäude – anstelle des angegebenen Baujahres (1997) – 2 Jahre älter ist (also 1995). Unter anderem aus diesem Grunde erklärten die Erwerber dann den Rücktritt von dem Kaufvertrag und verlangten die Zurückzahlung des Kaufpreises von rund 600.000,00 €.

Das OLG Hamm gab (wie bereits das erstinstanzlich mit der Sache beschäftigte LG Bielefeld) den Käufern Recht: So handele es sich bei einer Abweichung von 2 Jahren um einen erheblichen Mangel. Da das Baujahr im notariellen Kaufvertrag ausdrücklich benannt war, lag insoweit eine Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit vor, so dass sich die Verkäufer auch nicht auf den allgemeinen Gewährleistungsausschluss beziehen konnten.

Der Vertrag war daher im Ergebnis rückabzuwickeln.

 

Hintergrund:

Häufig entstehen nach Abschluss eines (Grundstücks-) Kaufvertrages Streitigkeiten darüber, ob der Grundbesitz die vorgesehenen oder vereinbarten Beschaffenheiten aufweist. Dabei muss ein Verkäufer grundsätzlich auch für öffentliche Äußerungen (so z.B. in Internetangeboten, Maklerexposés, etc.) eintreten (§ 434 Abs. I BGB).

Eine klare Abgrenzung nimmt der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings bei beurkundungspflichtigen Geschäften vor: Hiernach sind alle relevanten Fakten in den notariellen Kaufvertrag aufzunehmen. Maßgeblich für die Bewertung von Mängelgewährleistungsrechten ist danach ausschließlich der notarielle Kaufvertrag (und gerade nicht die vorherigen Absprachen oder Inhalte in Exposés, etc.).

Die Quintessenz: Was nicht im (notariellen) Kaufvertrag steht, gilt regelmäßig als nicht vereinbart (und begründet und damit auch keine Mängelrechte). Dies hat auch der BGH zuletzt noch einmal mit Urteil vom 22.04.2016 (AZ: V ZR 23/15) unterstrichen.

 

Praxishinweis:

Sind bei einem Grundstückskaufvertrag einzelne Aspekte für den Erwerber relevant und möchte er diesbezüglich Mängelrechte geltend machen können, so ist darauf zu achten, dass alle diese Punkte in dem notariellen Kaufvertrag erwähnt werden. Namentlich erwähnt sei hier – wie in dem entschiedenen Fall des OLG Hamm – das Baujahr, aber auch konkrete Ausstattungen oder die Wohnfläche des Objekts, erzielte Mieteinkünfte, etc.  All dies kann – und sollte dann auch in einem Kaufvertrag Erwähnung finden.

Umgekehrt müssen Verkäufer darauf achten, keine falschen Erklärungen abzugeben; denn ein „ist doch nicht so schlimm“ (wie bei einer Abweichung von „nur“ 2 Jahren) hilft dann nicht weiter.

 

Christoph Wink
Rechtsanwalt | Notar
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

ERHARD & MAAS Rechtsanwälte | Fachanwälte | Notar –  Schwelm
www.anwaltsteam.eu

 

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