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OLG Düsseldorf: Verkäufer einer Eigentumswohnung muss über offene Forderungen des Stromlieferanten und anstehende Versorgungssperre aufklären

Beitrag zum Thema Aktuelles · Klemens Erhard · 21.08.2013

OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.07.2013 – I-9 U 96/11

Nach dem Kauf einer Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 60.000,00 € erlebten die die von uns vertretenen Käufer eine böse Überraschung: Im Rahmen einer außerordentlichen Eigentümerversammlung wurden sie darüber informiert, dass Forderungen gegenüber dem Stromlieferanten in einer Größenordnung von über 64.000,00 € bestanden und der Stromversorger eine Stromsperre ankündigt hatte.

Der Verkäufer der Wohnung war auch als Verwalter tätig und hatte umfassende Kenntnis von den Rückständen. Die Rückstände waren bereits gerichtlich tituliert mit der Folge, dass der Stromversorger auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Eigentümergemeinschaft einleiten konnte.

Die Käufer haben daraufhin die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt und die Verkäufer auf Rückzahlung des Kaufpreises einschließlich Erstattung aller im Zusammenhang mit der Finanzierung und Rückabwicklung des Kaufs verbundenen Kosten verklagt.

Während das Landgericht Wuppertal die Klage abgewiesen hatte, hat sich das OLG Düsseldorf sehr intensiv mit dem Sachverhalt und dem Verhalten des Verkäufers auseinandergesetzt. Das Problem auf Käuferseite bestand in der Beweisführung. Der Verkäufer hatte vorgetragen, dass der Kläger zu 2 (der Ehemann) umfassend über die Rückstände informiert worden sei. Im Rahmen einer Anfechtung muss der Anfechtende alle zur Anfechtung begründende Umstände darlegen und beweisen, auch sogenannten Negativtatsachen. Es musste also der Beweis erbracht werden, dass der Verkäufer nicht aufgeklärt hatte. Die Richter des OLG haben in vier Beweisterminen alle von den Parteien benannten Zeugen vernommen. Im Urteil wird ausgeführt, dass „zur vollen Überzeugung des Senats“ feststeht, dass der Verkäufer die Käufer nicht über die Rückstände aufgeklärt hat.

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt das OLG Düsseldorf aus, dass bei Vertragsverhandlungen für jeden Verhandelnden, auch soweit die Beteiligten entgegengesetzte Interessen verfolgen, die Pflicht besteht, die andere Partei über solche Umstände aufzuklären, die für den Vertragsschluss erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind und über die nach der Verkehrsauffassung eine Aufklärung erwartet werden darf. Aufgrund derart exorbitant hoher Rückstände und der damit verbundenen Unwägbarkeiten, insbesondere auch im Hinblick auf die angekündigte Stromsperre, sei eine umfassende Aufklärung erforderlich gewesen.

 

Klemens Erhard

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Erhard & Maas Rechtsanwälte  Schwelm
www.anwaltsteam.eu

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