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Bundesarbeitsgericht: Raubkopien können eine fristlose Kündigung rechtfertigen und den Arbeitsplatz kosten

Beitrag zum Thema Aktuelles · Klemens Erhard · 21.07.2015

Urteil vom 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15 –

Ein beim Oberlandesgericht Naumburg beschäftigter "IT-Verantwortlicher“ hatte über seinen Dienstrechner jahrelang Raubkopien hergestellt. Bei einer Mitte März 2013 erfolgten Geschäftsprüfung wurden auf der Festplatte eines vom Mitarbeiter genutzten Rechners mehr als 6400 E-Book, Bild-, Audio- und Videodateien vorgefunden. Ferner war ein Programm installiert, das geeignet war, den Kopierschutz des Herstellers zu umgehen.

Es stellte sich heraus, dass in der Zeit von Oktober 2010 bis März 2013 über 1.100 DVDs bearbeitet worden waren. Im gleichen Zeitraum waren etwa gleich viele DVD-Rohlinge von Seiten des Gerichts bestellt und geliefert worden. Bei näherer Untersuchung und Auswertung der vom Kläger benutzten Festplatten wurden Anfang April 2013 weitere (Audio-) Dateien aufgefunden. Der Kläger ließ sich im Verlauf der Ermittlungen dahin ein, alles, was auf dem Rechner bezüglich der DVDs sei, habe er „gemacht“. Er habe für andere Mitarbeiter „natürlich auch kopiert“. Die Äußerungen nahm er einige Tage später „ausdrücklich zurück“.

Dem Mitarbeiter wurde fristlos gekündigt. Er hatte gegen die Kündigung Klage eingereicht. Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage des Klägers stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigungen seien schon deshalb unwirksam, weil unklar sei, welchen Tatbeitrag gerade der Kläger zu den in Rede stehenden Kopier- und Brennvorgängen geleistet habe. Zudem habe das beklagte Land durch lediglich eigene Ermittlungen – ohne Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden – weder eine umfassende, den Kläger möglicherweise entlastende Aufklärung leisten, noch den Beginn der zweiwöchigen Frist für die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung hemmen können. Im Übrigen habe es gegenüber den anderen Beteiligten keine vergleichbaren Maßnahmen ergriffen und den Personalrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet.

Die Revision des beklagten Landes hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Eine (fristlose) Kündigung kommt auch dann in Betracht, wenn der Kläger nicht alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen, sondern dabei mit anderen Bediensteten zusammengewirkt oder das Herstellen von „Raubkopien“ durch diese bewusst ermöglicht hat. Aus dem Umstand, dass es ihm erlaubt gewesen sein mag, seinen dienstlichen Rechner für bestimmte andere private Zwecke zu nutzen, konnte er nicht schließen, ihm seien die behaupteten Kopier- und   Brennvorgänge gestattet.
 

Da auch die Anhörung des Personalrats ordnungsgemäß erfolgte, hat das Bundesarbeitsgericht das zweitinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Quelle: Pressestelle des   Bundesarbeitsgerichts

Klemens Erhard

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht

ERHARD & MAAS Rechtsanwälte | Fachanwälte | Notar –  Schwelm
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