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LAG Baden-Württemberg: Längere Kündigungsfrist zur Verlängerung der Probezeit zulässig

Beitrag zum Thema Aktuelles · Christoph Wink · 20.08.2015

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2015 – 4 Sa 94/14

 

Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass eine Kündigung auch dann wirksam ist, wenn diese vor Ablauf von sechs Monaten (Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG) mit einer längeren Kündigungsfrist (hier: drei Monate) ausgesprochen wird, um dem Mitarbeiter eine „weitere Bewährungschance“ einzuräumen. Mit der Kündigung muss nicht zugleich eine Wiedereinstellungszusage für den Fall der „Bewährung“ verbunden werden.

 

Zum Hintergrund: Das Kündigungsschutzgesetz findet gemäß § 1 Abs. 1 KSchG erst nach einer Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters von sechs Monaten Anwendung. Ist die Frist noch nicht verstrichen, kann eine Kündigung ohne konkrete Gründe (insbesondere auch ohne eine soziale Rechtfertigung) ausgesprochen werden. Die Kündigungsgründe werden dann nicht überprüft, solange die Kündigung sich nicht als missbräuchlich oder treuwidrig erweist.

 

Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber kurz vor Ablauf der 6-Monatsfrist des § 1 KSchG eine Kündigung mit einer längeren Frist von drei Monaten erklärt (und damit nicht mit der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist). Hiermit wollte er dem Mitarbeiter eine Bewährungschance geben.

 

Das LAG Baden-Württemberg hielt die Kündigung für wirksam. Wird innerhalb der Wartezeit des § 1 KSchG gekündigt, muss nicht zwingend die gesetzliche Mindestkündigungsfrist eingehalten werden, insbesondere dann, wenn hierfür sachlich gerechtfertigte Gründe bestehen. Der Arbeitgeber muss nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg auch keine konkrete Wiedereinstellungszusage für den Fall erteilen, dass der Mitarbeiter sich dann im Laufe der längeren Kündigungsfrist tatsächlich „bewährt“.

 

Praxishinweis: Die Entscheidung hilft bei der flexiblen Behandlung von Arbeitsverhältnissen und ist im Ergebnis zu begrüßen.

 

Unternehmen, die sich nicht sicher sind, ob ein (neuer) Mitarbeiter tatsächlich die Erwartungen erfüllt, müssen zwar weiterhin innerhalb der 6-Monatsfrist des § 1 Abs. 1 KSchG entscheiden, ob sie das Arbeitsverhältnis fortsetzen (mit der Konsequenz, dass eine Kündigung nach Ablauf des 6-Monatszeitraums einer sozialen Rechtfertigung bedarf) oder ob sie das Anstellungsverhältnis kündigen.

 

Hierbei wird ihnen aber die Möglichkeit an die Hand gegeben, die Kündigungsfrist entsprechend länger zu wählen, um hierdurch eine weitergehende Erprobung zu ermöglichen.

 

Offen bleibt allerdings die Frage, wie lang diese Kündigungsfrist gewählt werden kann. Das LAG bestätigt hier die Wirksamkeit einer 3-Monatsfrist, für längere Fristen besteht bislang keine gesicherte Grundlage, sodass Arbeitgeber gut beraten sind, bis zu einer abschließenden Klärung von deutlich längeren Kündigungsfristen Abstand zu nehmen.

 

Christoph Wink
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
 
ERHARD & MAAS Rechtsanwälte | Fachanwälte | Notar –  Schwelm
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