
Hat das rasche Vorwärtskommen eines Rettungsfahrzeugs im Einsatz etwa Vorrang vor den Interessen anderer Verkehrsteilnehmer?
23. September 2025Automatisierte Waschanlage reißt serienmäßigen Heckspoiler ab – wer haftet?
- BGH, Urteil vom 21.11. 2024 – VII ZR 39/24 –
Mit dieser Frage durfte sich der Bundesgerichtshof im November 2024 befassen. Zum Sachverhalt: Der Beklagte betrieb zum Zeitpunkt der Klage eine sogenannte Portalwaschanlage, welche sich dadurch auszeichnet, dass das zu säubernde Fahrzeug während des Waschvorgangs stillsteht und die Wascheinheit („das Portal“) sich um das Auto herumbewegt. In der Waschanlage befand sich ein Hinweisschild mit den geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen, worin sich der Waschanlagenbetreiber von einer Haftung für nicht ordnungsgemäß befestigte Fahrzeugteile oder durch nicht zur Serienausstattung des Fahrzeugs gehörende Fahrzeugteile freizeichnet. Unter diesem Hinweisschild befand sich ein Zettel mit der Aufschrift: „Achtung Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler!“. Der Kläger fuhr Ende Juli 2021 mit seinem PKW, der mit einem serienmäßigen Heckspoiler ausgestattet war, in die Waschanlage, stellte den PKW ordnungsgemäß ab, verließ die Waschhalle und startete den Waschvorgang. Während des Waschvorgangs wurde der Heckspoiler aber plötzlich abgerissen, wodurch Schäden am Heck des Fahrzeugs des Klägers entstanden.
Der Bundesgerichtshof hatte nun nach vorangegangen amts- und landgerichtlichen Entscheidungen zu prüfen, wer für den Schaden an dem PKW aufzukommen habe. Hierbei stellte er heraus: Waschanlagenbetreiber haben Schutzpflichten! Stellt der Nutzer sein Fahrzeug in einer solchen Waschanlage ab, nimmt er damit automatisch ein Angebot des Waschanlagenbetreibers auf Abschluss eines Vertrages an. Dieser umfasst als Hauptleistung die Reinigung des betreffenden Fahrzeugs gegen Entgelt. Daneben bestehen aber ebenso beiderseitige Nebenpflichten. Eine solche auf Seiten des Waschanlagenbetreibers ist es, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren. Geschuldet sind insoweit diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Waschanlagenbetreiber für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schäden zu bewahren.
Vor diesem Hintergrund hatte der Bundesgerichtshof also darüber zu befinden, ob der verklagte Waschanlagenbetreiber seinen Schutzpflichten durch das Aufhängen seiner Hinweisschilder hinreichend nachgekommen sei und damit seine Haftung für derartige Schäden wirksam ausgeschlossen habe. Das Ergebnis: Waschanlagenbetreiber haben auf die Eignung der Fahrzeuge zu achten! Die Waschanlage war konstruktionsbedingt nicht für das serienmäßig mit Heckspoiler ausgestattete Fahrzeug des Klägers geeignet. Das Risiko, dass eine Waschanlage für ein marktgängiges Fahrzeug wie dasjenige des Klägers mit einer serienmäßigen Ausstattung konstruktionsbedingt nicht geeignet ist, fällt in den Obhuts- und Gefahrenbereich des Anlagenbetreibers.
Fazit: Einfache Hinweise reichen an dieser Stelle nicht aus. Durch das Aufhängen der Schilder konnte sich der Waschanlagenbetreiber nicht von der Haftung für Schäden befreien. Das Fahrzeug des Klägers war serienmäßig mit einem (ordnungsgemäß befestigten) Heckspoiler ausgestattet. Die ausdrückliche Beschränkung des Waschanlagenbetreibers auf nicht serienmäßige Fahrzeugteile war nach Ansicht des Bundesgerichtshofes sogar dazu geeignet, bei den Kunden dahingehendes Vertrauen zu erzeugen, dass die Waschanlage mit einem serienmäßig ausgestatteten PKW gefahrenlos benutzt werde könne.